Stilproben

 

 
 

 

Einer, der seit Jahren für Solarenergie auf Gotteshäusern kämpft, ist Pfarrer Jens Bechtloff aus Etzleben im Kyffhäuserkreis. Auf der offenen Radfahrerkirche St. Johannes in Frömmstedt, das wie neun andere Kirchen zu seinem Sprengel gehört, hat er seine Vision schon verwirklicht. Seit fünf Jahren wird Strom vom Kirchendach ins Netz eingespeist.
Er erinnert an die Vorbildwirkung der Kirche: „Wir als Kirche sollten an der Spitze stehen und wir sollten uns das auch was kosten lassen“, sagt er bestimmt. Aktuell sind die Bauanträge für die Kirche in Hemleben eingereicht. Eine Förderzusage des Landes Thüringen in Höhe von 40 Prozent liegt ihm bereits vor. Im September hat das Wirtschaftsministerium ein 1000-Dächer-Programm für öffentliche Gebäude aufgelegt. Denkmalgeschützte Gebäude können mit einer besonders hohen Förderung rechnen.
Wenn der Bauantrag für die Kirche in Hemleben genehmigt sein wird – Pfarrer Bechtloff erwartet in Kürze eine Entscheidung – will er nach und nach alle seine Kirchen mit Solaranlagen bestücken. Die Anlage auf der gotischen Kirche in Frömmstedt, einst verfallen und mit vielen modernen Elementen mutig restauriert, spült der Kirchgemeinde jedenfalls Jahr für Jahr mehrere tausend Euro in den Kirchsäckel.
Finanzielle Aspekte sind ein Argument, das auch jüngst auf einer Tagung der Evangelischen Akademie in Neudietendorf immer wieder anklang. Denn viele Kirchgemeinden drücken finanzielle Sorgen. Verfallene Gotteshäuser müssen wieder aufgebaut und erhalten werden. Ein Unterfangen, das angesichts des stetigen Mitgliederschwunds immer schwerer zu verwirklichen ist. Die Installation einer Solaranlage könnte da wenigstens mittelfristig zum Erhalt der Gotteshäuser beitragen.
Freilich ein Aspekt, der nicht überall auf Verständnis stößt: „Kirchen sind keine Kraftwerke“, sagt der oberste Denkmalschützer Thüringens, Landeskonservator Holger Reinhardt. Er verweist auf eine mögliche Beteiligung der Kirchgemeinden an Bürgersolaranlagen. Seine Forderung:  angesichts der hohen Förderung aus dem Landeshaushalt sollten nicht die billigsten, sondern die verträglichsten Lösungen angestrebt werden. Deshalb sollten die Kirchgemeinden schon im Vorfeld den Kontakt mit dem Denkmalschutzamt suchen.
Bereits im Juli 2005 ging eine Solaranlage auf dem Kirchdach in Kranichfeld ans Netz – eine Pilotanlage, die immer wieder bestaunt wird. Sie ersparte der Kirchgemeinde die komplette südliche Dacheindeckung des verfallenen historischen Gebäudes und wurde seinerzeit großzügig aus Mitteln des Europäischen Strukturfonds gefördert.
„Die Anlage läuft“, meldet Pfarrer Bernd-Ullrich Stock zufrieden. „Wir erzeugen pro Jahr 68 000 Kilowatt Strom“. In wenigen Jahren wird das seinerzeit aufgenommene Darlehen abgezahlt sein und die Kirchgemeinde auch finanziell von der Anlage profitieren. Aber schon jetzt verwirklicht sein Gotteshaus einen urchristlichen Gedanken: den Erhalt der Schöpfung. Denn die regenerative Energie ist eine „saubere“ Energie, die die Ressourcen der Erde schont.
Rückenwind bekommen die Kirchgemeinden mittlerweile von der evangelischen Kirchenleitung:  „Was unser Leben bestimmt, darf sich der Frage der Nachhaltigkeit nicht entziehen“, erklärte Landesbischöfin Ilse Junkermann. Eindringlich spricht sie sich für die Ersetzung fossiler Stoffe und der Kernenergie und für den Einsatz regenerativer Energien auf kirchlichen Gebäuden aus. Menschen müssten sensibilisiert werden für einen sorgsamen Umgang mit Energie und die Nutzung neuer, umweltschonender Alternativen.
Solaranlagen auf Kirchdächern sei mittlerweile „ein großes Thema“, heißt es aus Magdeburg. Auf oberster Ebene sollen in absehbarer Zeit Gespräche mit den Denkmalschutzämtern stattfinden, um die Umsetzung voranzutreiben. Schließlich werde, argumentiert Pressesprecher Friedemann Kahl, durch die Solaranlagen die Substanz der denkmalgeschützten Kirchen nicht nachhaltig geschädigt.
Bereits umgesetzt ist diese Idee in Kleinneuhausen im Landkreis Sömmerda. Die Solaranlage versteckt sich auf einem mit Schindeln gedeckten Satteldach. Die Neigung des Daches macht die Anlage von unten fast unsichtbar und trägt so dem Denkmalschutz optimal Rechnung. „Wir bekamen Fördermittel vom Land und der Landeskirche“, erinnert sich der vormalige Pfarrer Hartmut Lösch, „und nach acht Jahren waren wir in der Gewinnzone“. Auf der Kirche befinden sich amorphe Zellen, die selbst bei diffusem Licht Strom erzeugen, insgesamt aber eine geringere Ausbeute als andere Anlagen abwerfen.
Doch Pfarrer Lösch ist hochzufrieden. Die ästhetisch anspruchsvolle Anlage sorgt für regelmäßige Einkünfte und, was ihm besonders wichtig ist: „Wir schonen das, was Gott uns in die Hand gegeben hat: unsere Umwelt“.

www.kirchendaecher.de

DANIELA EGETEMAYER